Kaum eine Berufsgruppe weist ein so breites Sach- und Tätigkeitsspektrum auf wie das Sachverständigenwesen. Sachverständige sind aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken, denn sie gewährleisten unauffällig ein reibungsloses Funktionieren. Wahrgenommen werden sie jedoch oftmals erst dann, wenn sie in Einzelfällen oder nach Katastrophen zur Analyse der Schäden und zur Klärung der Verantwortlichkeiten hinzugezogen werden.
Ein wesentlicher Teil der Arbeit eines Sachverständigen umfasst die Aufklärung von Sachverhalten und die Zuweisung von ursächlichen Verantwortlichkeiten bei eingetretenen Schadensfällen. Die Aufgaben eines Sachverständigen bei der Vermeidung von Schäden an Menschen wie an Sachen sind jedoch mindestens genauso umfangreich. Egal, ob der Sachverständige bei der Errichtungvon Bauwerken jeglicher Art in laufender Kontrolle die Einhaltung der vereinbarten oder gesetzlichen vorgegebenen Sicherheitsstandards überwacht - erst dann, wenn, wie die jüngsten das breite Publikum und die Gemüter erregenden Katastrophen erneut gezeigt haben, das Dach einer Eishalle zusammenbricht, erschallt unmittelbar nach der "Wie konnte das passieren?"- Frage lautstark der Ruf nach dem Sachverständigen. Dass dieser bei vorbeugender Konsultation aufgrund seiner Sachkunde die drohende Gefahr zumeist erkennen und damit der Eintritt des schädigenden Ereignisses hätte vermieden werden können, ist dann fast immer das Ereignis der gutachterlichen Nachbetrachtung.
Den Sachverständigen und seine Dienstleistungen nur unter dem Aspekt des Gutachters zur Schadensanalyse zu betrachten, wird weder dem Berufsbild noch dem Umfang der erbrachten Dienstleistungen gerecht. Auch wenn die Erkenntnis, dass rechtzeitige Vorbeugung den Schaden fast immer vermeiden hilft, weit verbreitet ist, werden die sich aus dieser Erkenntnis ergebenden Konsequenzen und erforderlichen Maßnahmen viel zu oft nicht genutzt. Auch wenn durch gesetzliche Maßnahmen der Sachverständige hinzuzuziehen ist, so wird seine Aufgabe von dem sich der Prüfung zu Unterziehendenfast immer als Last aufgefasst werden, was nur in wenigen Fällen die Einsicht in die Notwendigkeit derartiger sachverständiger Untersuchungen fördert. Die mit dem Ruf nach Deregulierung einhergehende Forderung nach mehr Eigenverantwortlichkeit des Bürgers muss dazu führen, dass dieser Berufsstand vom Verbraucher nicht nur als Ersteller von Schadensgutachten betrachtet wird, sondern als eine Person, deren Sachverstand insbesondere zur vorbeugenden Schadensvermeidung in Anspruch genommen werden kann.