Fast sämtliche Bereiche unseres täglichen Lebens sind gekennzeichnet durch eine zunehmende Technisierung und Komplexität. Das Bauwesen ist hiervon in besonderem Maße betroffen. Bei Auseinandersetzungen in diesem Bereich sind daher die Beteiligten oft nicht in der Lage, eine Klärung der Streitigkeit ohne die Hinzuziehung eines Sachverständigen herbeizuführen.
Die Rolle des sachverständigen liegt dabei in der unabhängigen fachlichen Information und Beratung - insbesondere durch die Erstellung von Gutachten. Hierzu gehört beispielsweise die Beurteilung von Schäden an Gebäuden, die Bewertung von Immobilien oder die Ermittlung der Höhe von Mieten und Pachten.
Trotz der Beauftragung durch eine bestimmte Person ist der Sachverständige kein Interessenvertreter. Er ist verpflichtet, seine Tätigkeit unabhängig und eigenverantwortlich auszuüben. Neben dem speziellen Fachwissen sind daher auch besondere Anforderungen an die Persönlichkeit und Zuverlässigkeit des Sachverständigen zu stellen. Die Berufsausübung ist insgesamt gekennzeichnet durch Kompetenz, Objektivität und Vertrauenswürdigkeit.
Die Bezeichnung »Sachverständiger« ist gesetzlich nicht geschützt. Demnach darf sich grundsätzlich jeder - ohne einen Befähigungsnachweis - als (freier) Sachverständiger bezeichnen, der in einem bestimmten Bereich als Gutachter tätig werden will.
Vom freien Sachverständigen ist der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige zu unterscheiden. Diese Sachverständigen werden von einer staatlich legitimierten Institution - beispielsweise einer Architekten-, Handwerks- oder Industrie- und Handelskammer - für ein bestimmtes Sachgebiet öffentlich bestellt und vereidigt. Sachgebiete sind u.a.:
Schäden an Gebäuden/Freianlagen/Ausbauten in Innenräumen
- Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke
- Leistungen und Honorare der Architekten
- Bauphysik
- Vorbeugender Brandschutz
- Baupreisermittlung
Vor der Bestellung muss der Bewerber seine persönliche und fachliche Eignung im Rahmen eines strengen Prüfverfahrens nachweisen. Rechtsgrundlage der öffentlichen Bestellung und Vereidigung bildet § 36 der Gewerbeordnung.
Der Gesetzgeber hat dieser besonderen Qualifikation Rechnung getragen. Gemäß den Prozessordnungen der Gerichte sind für die Erstellung von Gerichtsgutachten im Regelfall öffentlich bestellte Sachverständige heranzuziehen.
Der Sachverständige wird in der Regel eingeschaltet, um seinem Auftraggeber die fachlichen Grundlagen einer Entscheidung zu liefern. Er ist Entscheidungshelfer. Sie als Bauherr wünschen beispielsweise Angaben zu einer Schadensursache, um die Frage der Haftung eines Handwerkers beantworten zu können oder Sie möchten als Hauseigentümer den Wert Ihrer Immobilie erfahren, um diese zu einem angemessenen Preis verkaufen zu können.
Üblicherweise erbringt der Sachverständige seine Arbeit, indem er zu den von Ihnen gestellten Fragen ein schriftliches Gutachten anfertigt. Zum täglichen Geschäft des Sachverständigen gehört aber auch die Erteilung von sonstigen Ratschlägen, Auskünften und Empfehlungen. Eine weitere Aufgabe liegt in der Tätigkeit als Schiedsgutachter oder Schiedsrichter. Bei diesen Betätigungsfeldern hat der Sachverständige die Funktion, auf Anrufung sich streitender Parteien eine Schlichtung vorzunehmen oder eine für beide Seiten (verbindliche) Empfehlung auszusprechen.
Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige hat Kraft seiner Bestellung besondere Verpflichtungen einzuhalten, die insbesondere Ihrem Schutz als Verbraucher dienen. Die zentralen Pflichten ergeben sich bereits aus der Vorschrift des § 36 der Gewerbeordnung. Hiernach hat der Sachverständige seine Aufgaben »unabhängig, weisungsfrei, persönlich, gewissenhaft und unparteiisch« zu erfüllen. Diese Pflichten werden in den Sachverständigenordnungen der bestellenden Institutionen weiter konkretisiert und ergänzt.
Selbstverständlich unterliegt der Sachverständige hinsichtlich sämtlicher Informationen, die er im Rahmen seiner Berufsausübung erlangt, der Schweige-pflicht. Mitarbeiter und Angestellte sind in diese Pflicht eingebunden.
Zur Sicherung der Zuverlässigkeit ist der Sachverständige der Aufsicht seiner bestellenden Kammer unterstellt. Er ist zudem verpflichtet, sich in seinem Sachgebiet fortzubilden. Zur Sicherung der fachlichen Eignung ist die Bestellung auf maximal 5 Jahre befristet. Nach Ablauf der Frist hat der sachverständige erneut nachzuweisen, dass er nach wie vor über die erforderliche Sachkunde verfügt und sein Wissensstand den jeweils aktuellen Anforderungen entspricht. Erst wenn diese Voraussetzungen belegt sind, verlängert die Kammer die Bestellung um weitere 5 Jahre.
Der Sachverständige wird üblicherweise gegen Honorar tätig. Bei der Frage nach der Höhe der Vergütung sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden:
Sofern Sie einen Sachverständigen privat beauftragen, kann die Vergütung in der Regel frei vereinbart werden. Die Höhe des Entgelts sollte bei Auftragserteilung zwischen Ihnen und dem Sachverständigen ausdrücklich verabredet werden. Als Vergütungsvarianten sind vor allem die Abrechnung nach Stundensätzen oder Pauschalhonorare üblich. Die Erstattung von Auslagen (z.B. Fahrt-, Telefon- oder Kopierkosten) ist ebenfalls zu klären. Wird keine ausdrückliche Vergütungs-vereinbarung getroffen, so steht dem Sachverständigen gemäß § 632 BGB ein ortsübliches Honorar zu.
Wird der Sachverständige von Ihnen zur Grundstücksbewertung eingeschaltet, kann das Honorar frei vereinbart werden.
Bei der Einschaltung eines Sachverständigen durch ein Gericht richtet sich das Honorar nach dem Justizvergütungs- und - entschädi-gungsgesetz (JVEG).
Bei der Suche nach einem geeigneten Sachverständigen sowie zur Beantwortung weiterer Fragen rund um dieses Thema steht Ihnen die [Architektenkammer Niedersachsen sowie die Industrie- und Handelskammern Hannover und Detmold] gerne zur Verfügung."
Quelle: Architektenkammer Niedersachsen. Mit Architekten besser bauen. Hannover: www.aknds.de